Zehn Jahre "Rana Plaza" - Wie die Welt Bangladeschs Textilarbeiterinnen vergessen hat

Vor zehn Jahren stürzte die Textilfabrik „Rana Plaza“ ein und begrub tausende Arbeiter*innen unter sich. Es war eine Katastrophe mit Ansage: Noch am Tag zuvor musste die Arbeit eingestellt werden, da sich Risse in den Wänden bildeten. Das Ergebnis der folgenden Prüfung: alle weitermachen!

Die Rana-Plaza-Katastrophe ruft uns somit auf tragische Weise ins Bewusstsein, dass „weitermachen“ keine Option sein kann. Und sie zeigt auf der anderen Seite, dass positive Veränderungen möglich sind. Beim Gebäudeschutz in Textilfabriken etwa gab es Verbesserungen. Und das dieses Jahr in Kraft getretene Lieferkettengesetz ist ein wichtiger erster Schritt, um den schlimmsten Formen von Ausbeutung auch strukturell entgegenzuwirken.

Zehn Jahre nach der Katastrophe bleiben zudem zentrale Forderungen des Arbeitskampfes jener ausgelagerten Produktionsstätten der westlichen Bekleidungsindustrie kaum bearbeitet. Mindestlöhne waren schon zu niedrig, als sie 2018 festgesetzt wurden. Spätestens seit der massiven Preissteigerung bei Nahrungsmitteln im vergangenen Sommer reichen sie hinten und vorne nicht.

Doch der Kampf der Arbeiterinnen geht über Löhne hinaus. Es geht um Anerkennung. Als Mensch, nicht als „Klamottenmädchen“, wie die Näherinnen von wohlhabenderen Schichten in Bangladesch oft despektierlich genannt werden. Oder darum, überhaupt gesehen zu werden: von den Käufer*innen im Westen, die allzu oft gar nichts wissen wollen von den Menschen, deren Leben sie durch ihre Konsumgewohnheiten entscheidend bestimmen.

Die Beiträge dieser NETZ Zeitschrift sind nah dran an den Realitäten der Arbeiterinnen. Sie berichten von Möglichkeiten und Hindernissen ihrer Anerkennung. Und wirken gegen das Vergessen.