Über die urbanen Monster einer imperialen Lebensweise

Plas-tik-Mon-ster, das; lat. purgamentum init monstrum, Familie der Müllmonster, gehört zur Gattung der „Monster einer imperialen Lebensweise“. Hier ein junges Exemplar, fotografisch aufgenommen bei der Nahrungsaufnahme. (Abb.: Oliver Emde)

Die urbanen Monster einer imperialen Lebensweise begegnen uns überall – im H&M kriechen sie aus der Jeans, im Handyladen aus dem seltenen Erden der neuesten iphone-Modelle; bei Tchibo sitzen sie im Kaffee, im Lidl an der Kasse; in Reisebüro können fliegende Monster gebucht werden; auf der Straße fahren Monster vor allem SUVs. Monster der imperialen Lebensweise haben sich in alle Lebensbereiche westlicher Gesellschaften eingenistet und hineingefressen. Wir können ihnen nicht entkommen, selbst wenn wir es wollten. Und eigentlich haben wir uns gut mit ihnen arrangiert und füttern sie reichlich: Auf Kosten anderer…

Im Projekt „Urbane Monster einer imperialen Lebensweise“ werden die Projektteilnehmenden zu Monsterforscherinnen und -forschern: Sie erforschen Ungeheuer in ihrem eigenen sozialen Nahbereich und erfassen sie in zoologischen Studien; sie kreieren selbst Monster, wildern diese im öffentlichen Raum aus und erzählen anderen ungeheure Geschichten – über die Eingebundenheit in Prozesse globaler Vergesellschaftung und ihre Alternativen. Durch die Arbeit an Monstern wird ein kreativer Zugang zum theoretischen Konzept der „imperialen Lebensweise“ eröffnet, mit dem Ulrich Brand und Markus Wissen globale Ungleichheitsverhältnisse unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehung von Subjektivität und gesellschaftlichen Verhältnisse erfassen (Brand/Wissen 2017).

Mit einem künstlerischen Zugang schafft das vorliegende Unterrichtsmaterial Diskussions- und Reflexionsanlässe für Teilnehmer:innen, sich gemeinsam mit anderen über eine Lebensweise auszutauschen, die nur „auf Kosten anderer“ möglich ist (I.L.A. Kollektiv 2017). Über die Fabel der Monster wird die eigene Verwobenheit mit globalen Macht- und Herrschaftsverhältnissen thematisierbar, ohne dabei durch moralische Schuldzuweisungen anzuklagen oder die Lösung in individuellen Handlungsappellen zu suchen. Vielmehr wird die vermeintliche Normalität unseres Alltags in ihren lokalen Ambivalenzen und globalen Bezügen sicht- und begreifbar. Diese Verunsicherungen des Selbstverständlichen können durch eine Auswilderung der Monster aus dem Klassenraum heraus in den urbanen Raum hineingetragen und mit einer erweiterten Öffentlichkeit diskutiert werden.

Es könnte auch ganz anders sein – auch darauf können urbane Monster hinweisen: Durch das Pendant der fabelhaften Monster einer solidarischen Lebensweise richtet sich der Blick auch auf vorhandene Ansätze der Alternativen, lockt reale Utopien aus den gesellschaftlichen Nischen und lässt das „noch-nicht-Gewordene“ (Bloch) denkbar werden (I.L.A.-Kollektiv 2019).

Das projektorientierte Unterrichtsmaterial "Über die urbanen Monster einer imperialen Lebensweise“, das als pdf-Datei zum Download bereitsteht, aber auch als Print-Version bestellt werden kann (über em.kohlmann@uni-kassel.de), bietet Lehrerinnen und Lehrern und politischen Bildnerinnen und Bildnern Module und Bausteine eines kreativen, projektorientierten Zugangs an, der die Potenziale politischer Bildung und künstlerischer Intervention vereint und am Orientierungsrahmen für den Lernbereich globale Entwicklung ausgerichtet ist.

Neben Anleitungen zur Erforschung des eigenen Nahbereichs werden Hinweise zur eigenen Monsterentwicklung gegeben: Durch Steckbriefe, Skulpturen, Hörspiele und Ausstellungen im öffentlichen Raum wird eine intensive Auseinandersetzung mit globalen sozial-ökologischen Schlüsselproblemen gefördert. Ergänzt wird die Broschüre durch eine eigene Online-Plattform mit weiteren Materialien und bereits entwickelten Monstern.

Kommentar einer unabhängigen Gutachterin im Auftrag des Portals Globales Lernen:

Das Material ist sowohl inhaltlich als auch didaktisch ausführlichst ausgearbeitet und enthält neben einer Fülle an Materialien und detailliert aufgeschlüsselten Hinweisen zur Durchführung und Bearbeitung dieser weiterhin eine Vielzahl an Links, weiterführenden Hinweisen und Zusatzmaterialien online, sowie didaktische Hinweise zu jedem Arbeitsschritt. Der Zugriff auf die Onlinematerialien ist durch die Bereitstellung von QR-Codes schnell und einfach möglich.